Pflegewissenschaft 2 - Lehr und Arbeitsbuch zur Einführung in die Methoden der Pflegeforschung

Pflegewissenschaft 2 - Lehr und Arbeitsbuch zur Einführung in die Methoden der Pflegeforschung

von: Hermann Brandenburg, Eva-Maria Panfil, Herbert Mayer, Berta Schrems

Hogrefe AG, 2018

ISBN: 9783456957395

Sprache: Deutsch

462 Seiten, Download: 5983 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Pflegewissenschaft 2 - Lehr und Arbeitsbuch zur Einführung in die Methoden der Pflegeforschung



2.1 Pflegewissenschaft und Pflegeforschung (S. 32-33)

2.1.1 Aufgaben der Pflegeforschung

Pflegeforschung und Pflegewissenschaft hängen eng miteinander zusammen. Aufgaben der Pflegewissenschaft sind die Sammlung, Ordnung, Überprüfung und Generierung pflegerischen Wissens. Als Methode dazu wird die Forschung genutzt. Pflegeforschung dient damit der methodischen Wissensvermehrung in der Pflege (Robert-Bosch-Stiftung, 1996).

Sammlung

Pflegefachkräfte, Patientinnen und Patienten sowie Angehörige verfügen im Praxisfeld der Pflege über sehr viel Erfahrungswissen. Kennzeichen dieses Wissens ist, dass es in der Regel ein persönliches Wissen der Betroffenen bleibt, das kaum weitergegeben wird und damit für die Allgemeinheit verloren geht. Aufgabe von Forschung ist unter anderem, bestehendes Wissen zu sammeln und zu dokumentieren, damit dieses Wissen sichtbar, nachlesbar und damit überprüfbar wird. Zur Sammlung von Wissen eignen sich beispielsweise deskriptive quantitative Designs oder das ethnografische Design.

Ordnung

Es ist sinnvoll, Wissen in irgendeiner Form zu ordnen. Dazu muss überlegt werden, welche Aspekte zusammengehören, das heißt „zusammen“ einen Sinn ergeben. Prinzipiell versucht jede Wissenschaft ihren Wissensfundus in einem Theoriengebäude zu organisieren. Dazu müssen Phänomene identifiziert und zu Konzepten organisiert werden, denn erst aus der Verbindung von zwei oder mehreren Konzepten entsteht dann eine Theorie. Beispiele für diese Art von Pflegetheorien sind das Illness- Trajectory-Modell (Cooley, 1999) oder die Dekubitustheorie (Panfil, 2014). Wissen kann aber auch in „Taxonomien“ organisiert werden.

Beispiel 2-1
Ein Beispiel für eine Taxonomie sind die NANDA-Pflegediagnosen, die in „funktionellen Gesundheitsverhaltensmustern“ organisiert sind (Gordon, 2013), beispielsweise Ausscheidung, Selbstwahrnehmung & Selbstkonzept oder Kognition & Perzeption.
Die existierenden Pflegediagnosen sind bestimmten Verhaltensmustern zugeordnet. So gehören Obstipation und Diarrhö zu dem Verhaltensmuster „Ausscheidung“, Chronischer Schmerz und Wissensdefizit zum Verhaltensmuster „Kognition & Perzeption“.
Ein Forschungsdesign zur Entwicklung von Theorien bietet die Grounded Theory; zur Identifikation von Konzepten kann man phänomenologische Studien nutzen.

Überprüfung

Sowohl in der Praxis bestehende als auch bisher nur theoretisch erarbeitete, noch ungeprüfte Wissensaspekte sollten methodisch auf ihre Gültigkeit überprüft werden. In der Pflegepraxis gibt es einige theoretisch begründbare Pflegehandlungen, die aber bisher noch nicht überprüft wurden. So existierte in Deutschland bis vor mehr als zwei Jahrzehnten die Vorstellung, dass mit einer abwechselnden Kälte- und Wärmebehandlung der Haut („Eisen und Fönen“) ein Dekubitus verhindert werden könnte. Ein bestehender Zusammenhang konnte zwar theoretisch beschrieben, in einer empirischen Überprüfung jedoch nicht belegt werden (Birkenfeld, 1990).

Wissenschaftlich kontrovers wird auch der Nutzen von Risikoassessments diskutiert. So soll die Anwendung von Sturz- oder Dekubitusrisikoskalen dazu beitragen, valide und reliabel (s. Kap. 8) diejenigen Patientinnen und Patienten zu identifizieren, die von einem Dekubitusrisiko betroffen bzw. nicht (!) betroffen sind. Tatsächlich lässt sich der Nutzen der Skalen verglichen mit einer nicht skalenbasierten Risikoeinschätzung hinsichtlich der klinischen Wirkung „Reduktion der Inzidenz von Druckgeschwüren oder Stürzen“ derzeit nicht belegen (Balzer, Junghans, Behncke, Lühmann, 2013; Moore & Cowman, 2014). Hier ist weitere Forschung notwendig.

Zur Überprüfung von Zusammenhängen und Unterschieden werden experimentelle, quasi-experimentelle, korrelationelle und komparative Designs verwendet.

Generierung

Im pflegerischen Bereich existieren unzählige ungelöste Fragen, mit jeder beantworteten Frage entstehen in der Regel neue. Mithilfe von Forschung können offene Fragen methodisch und systematisch beantwortet werden, erst dadurch entsteht neues Wissen. Aufgabe jeder Forschung ist die methodische Wissensvermehrung, daher sollte auch jedes neu erforschte Wissen dahingehend untersucht werden, inwieweit es den Wissensfundus der Pflege (body of knowledge) erweitert und an welchem bestehenden Wissen angeknüpft werden kann.

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