Zum Lächeln verpflichtet - Emotionsarbeit im Dienstleistungsbereich

Zum Lächeln verpflichtet - Emotionsarbeit im Dienstleistungsbereich

von: Daniela Rastetter

Campus Verlag, 2008

ISBN: 9783593384832

Sprache: Deutsch

323 Seiten, Download: 2472 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Zum Lächeln verpflichtet - Emotionsarbeit im Dienstleistungsbereich



2 Emotionsarbeit: Die Arbeit an den Gefühlen (S. 15)

Obwohl der Begriff »Emotionsarbeit« bzw. »Gefühlsarbeit« auch von anderen Autoren – zum Teil mit abweichenden Bedeutungen – verwendet wurde (z.B. Strauss u.a. 1980), ist er erst durch die Studien von Arlie Russell Hochschild (1979, 1983, deutsch erschienen 1990a, neue Auflage 2006) bekannt geworden, auf die sich spätere Untersuchungen in aller Regel beziehen. Ihr Werk Das gekaufte Herz gilt heute als moderner Klassiker der Sozialforschung, wie Sighard Neckel in der Einleitung zur Ausgabe von 2006 feststellt.

In diesem Kapitel soll zunächst Hochschilds Ansatz vorgestellt werden, der Grundlage der vorliegenden Untersuchung ist. Der Rest des Kapitels beschäftigt sich mit der auf dem Konzept der Emotionsarbeit aufbauenden Forschung nach Hochschild bis heute. Welcher Erkenntnisstand liegt aktuell zu diesem Thema vor, welche empirischen Untersuchungen haben sich an Hochschild angeschlossen und welche Fragen sind noch immer offen oder ergeben sich neu?

Ein weiterer Kreis um das Thema der Emotionsregulation, insbesondere die historisch-gesellschaftliche Dimension, wird erst im dritten Kapitel gezogen, da es an dieser Stelle ausschließlich um die Tradition des Emotionsarbeitskonzeptes gehen soll.

2.1 Die Studien von Arlie Russell Hochschild

2.1.1 Was ist Emotionsarbeit?

Hochschild zeigte, wie Stewardessen nicht nur dauerlächeln und alle machbaren Wünsche der Gäste zu erfüllen haben, sondern auch, dass sie rüdes Verhalten von Passagieren gelassen meistern sollen, damit diese zufrieden gestellt sind und die Fluggesellschaft beim nächsten Mal wieder wählen. Eine zweite kleinere Studie betrifft die Emotionsnormen bei Inkasso-Angestellten.

Emotionsarbeit im Sinne von »emotional labor« ist von der Emotionsarbeit im Privaten, der »emotion work«, abzugrenzen. Private Gefühlsarbeit wäre beispielsweise, einen Streit mit dem Ehepartner zu entschärfen, indem man sich erst einmal dessen Sichtweise anhört, anstatt ihn mit den eigenen momentanen Ärgergefühlen zu konfrontieren.

Am Arbeitsplatz müssen sich Arbeitnehmer nicht nur gemäß betrieblichen Normen verhalten, sondern mehr als das: Die Stewardessen sollten am besten die zum geforderten Verhalten passenden Gefühle erleben, also sich trotz unverschämter Kunden nicht wütend, sondern gelassen fühlen. Nicht erwünscht sind Gefühle wie Wut, Ärger, Ablehnung oder schlechte Laune, die von den Stewardessen unterdrückt oder in andere Gefühle umgewandelt werden müssen.

Das Gefühlsmanagement selbst, d.h. die Handlungen, durch die und mit denen Gefühle beeinflusst werden, unterscheiden sich bei privater und betrieblicher Emotionsarbeit nicht, verschieden sind nur die Ursachen, nämlich einmal von der Person kommend und private Beziehungen regelnd, das andere Mal vom Unternehmen vorgegeben und marktförmige Beziehungen gestaltend.

Diese von »oben« verordnete Arbeit wird von Hochschild kritisch analysiert: Gefühlsarbeit wird parallel zu Handarbeit als entfremdend vom Selbst betrachtet, sobald sie als bezahlte Arbeit verrichtet wird. Die Herstellung des richtigen Gefühls bedeutet in diesem Ansatz also Arbeit und Anstrengung. Typischerweise sind die Emotionsnormen im Kundenkontakt rigider und, was Normstärke und Normbreite betrifft, enger und intensiver als Emotionsnormen in der Gesellschaft allgemein. So müssen Stewardessen freundlicher sein als sie irgendwelchen Fremden gegenüber wären, weil es um mehr geht als um die Regulierung der Interaktion oder um das persönliche Wohlbefinden beider Partner.

Es geht um Geschäfte und Konkurrenz um Kunden. Dafür ist zusätzliche Arbeit gefordert, »mehrwertschaffende« Arbeit, und diese besteht bei Dienstleistungen zu einem gewichtigen Teil aus Gefühlsarbeit. Bemerkenswerterweise ist diese Art der Anstrengung aber aus der Wahrnehmung der Tätigkeit getilgt, sodass »nur das blitzsaubere Heim und das einladende Lächeln präsentiert werden« (Hochschild 1990: 13), ein Lächeln, das eben gerade nicht bemüht wirken darf und zum zusätzlichen Element der Arbeit wird wie das Make-up, die Uniform und die servierten Getränke. Anpassung an Emotionsregeln geschieht nach Hochschild durch Oberflächenhandeln (surface acting) und Tiefenhandeln (deep acting, siehe Abb. 4).

Das Oberflächenhandeln bezieht sich auf äußere Darstellung und Ausdruck, wie auch von Goffman (1969) beschrieben. Das eigentliche Thema Hochschilds ist aber das Tiefenhandeln, d.h. inneres Handeln, mit dem Gefühle hervorgerufen werden. Es ist ein mentales, imaginatives Handeln. Beim Oberflächenhandeln wird nur der Gefühlsausdruck den Normen angepasst, nicht das empfundene Gefühl: Ich verhalte mich freundlich, auch wenn ich den Anderen unsympathisch finde. Beim Tiefenhandeln ist die Richtung umgekehrt: Ich versuche, ein bestimmtes Gefühl hervorzurufen, und verhalte mich dementsprechend.

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