HomeOffice mit Familie - Wie Sie sich selbst, Arbeit und Familie so organisieren, dass (fast) nichts zu kurz kommt

HomeOffice mit Familie - Wie Sie sich selbst, Arbeit und Familie so organisieren, dass (fast) nichts zu kurz kommt

von: Felicitas Richter

Verlag C.H.Beck, 2021

ISBN: 9783406765223

Sprache: Deutsch

126 Seiten, Download: 4707 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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HomeOffice mit Familie - Wie Sie sich selbst, Arbeit und Familie so organisieren, dass (fast) nichts zu kurz kommt



91. HomeOffice mit Familie – Segen oder Fluch?


Lena hat sich lange auf das Kunden-Gespräch vorbereitet. Während sie am Telefon ihren Plan für die Zusammenarbeit darlegt, hört sie, wie nebenan die Kinder zu streiten beginnen. Sie stöhnt innerlich: ‚Nein, bitte nicht jetzt!‘ Sie bemüht sich weiterhin um einen gelassenen Tonfall, spricht über Ziele und Meilensteine, doch mit halbem Ohr ist sie im Kinderzimmer. ‚Wo ist bloß der Papa? Hört er das nicht?‘ Ein hohes Kreischen zerreißt die Luft. Sie spürt hektische Flecken am Hals emporkriechen. Dieser Auftrag ist wirklich wichtig. Da fliegt die Tür auf. Die in Tränen aufgelöste Tochter stürzt ins Zimmer. Schluchzt: „Finn hat gesagt, ich bin dumm wie ‘ne Kuh!“ Lena entschuldigt sich bei ihrem Gesprächspartner und verspricht, gleich zurückzurufen. Als ihr Mann dazukommt und meint: „Die beiden haben doch so schön gespielt. Ich war nur kurz mal beim Nachbarn“, ist der Tag gelaufen. Lena schreit ihn an und fühlt sich schrecklich dabei.

Wer zeitweise oder auch dauerhaft im HomeOffice arbeitet, um Familie und Beruf gut unter einen Hut zu bringen, kennt ähnliche Situationen. Was theoretisch durchaus vernünftig klingt, hat so seine Tücken – manche und mancher wünscht sich bald ins früher gewohnte Arbeitsleben zurück. Selbst die schwatzhafte Kollegin ist besser auszuhalten als Geschwisterkinder im Kriegszustand.

Wenn Sie noch ganz frisch im HomeOffice sind, darf ich Ihnen versprechen: Mit der Zeit wird’s besser. Nicht nur, weil 10die Kinder älter und hoffentlich auch vernünftiger werden. Wenn Sie es gut vorbereiten und ein paar Dinge beachten, ermöglicht die Arbeit im HomeOffice die Ausgewogenheit zwischen Arbeit und (Familien-)Leben, die zu Ihnen passt. Davon profitieren nicht nur Sie selbst und Ihre Arbeit, sondern auch Ihre Familie. Aber es braucht etwas Zeit. Und Sie sollten wissen, worauf Sie sich einlassen

Pro und Contra


Für viele Berufstätige ist die Arbeit im HomeOffice ein lang gehegter Traum. Manche sehen darin gar das Allheilmittel in Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Denn man spart kostbare Zeit für den Arbeitsweg, Nerven im Stau und Geld für das Nahverkehrsticket. Man kann besser seinem Biorhythmus folgen und sich notfalls noch einmal hinlegen, wenn das Kind in der Kita ist. Und sich dann wieder hochkonzentriert einer Aufgabe widmen. In den Arbeitspausen ist schnell mal die Wäsche aufgehängt, und niemand zählt mit, wieviel Kaffee man trinkt.

Nach dem unfreiwilligen HomeOffice-Riesen-Experiment im Frühjahr 2020 wollten manche Arbeitnehmer*innen gar nicht mehr ins Büro zurück. Sie genossen es, viel weniger gestresst zu sein – das sagten einer Studie1 zufolge zumindest diejenigen ohne Kinder daheim. Und über die Hälfte der insgesamt Befragten meinten, dass sie sich im HomeOffice viel produktiver fühlten.

11Kurz: Man kann sich zu Hause die Arbeit so gestalten, dass sie einen noch glücklicher macht. Leider ist das nur die eine Seite der Medaille.

Wer denkt, er oder sie könne einfach den Laptop in der Firma zuklappen und zu Hause 1:1 weiterarbeiten, wird rasch auf Schwierigkeiten stoßen. Denn selbstbestimmtes Arbeiten muss eben auch selbst bestimmt werden. Das kann anstrengen. Jeden Morgen muss man sich neu motivieren – da sind keine Kolleg*innen, die schauen, ob man auch tatsächlich was tut. Außerdem die vielen Ablenkungen: Wer kann schon widerstehen, wenn die kleine Prinzessin einen Bräutigam zum Hochzeit-Spielen braucht, sich die Bügelwäsche bis zum Umfallen stapelt und der Klempner nur tagsüber einen Termin frei hat? Das Zuhause fällt als Rückzugsort weg, die Trennung von Arbeit und Privatleben verschwimmt, und plötzlich beantwortet man noch E-Mails im Bett. Und so schön Ruhe auch ist – irgendwie fehlt die Mittagspause mit den Kolleg*innen.

Was brauchen wir also im Umgang mit dem HomeOffice? Einerseits die Vorteile nutzen und andererseits Kompetenzen dafür entwickeln.

So schwierig es für sehr viele Menschen war, quasi über Nacht daheim arbeiten und zusätzlich Kinder betreuen und beschulen zu müssen – der Lockdown im Frühjahr 2020 hatte auch sein Gutes. Er wirkte für uns alle wie ein Brennglas, das schonungslos offenbarte, was in Unternehmen und Familien schon gut funktionierte, aber auch, woran es noch mächtig haperte.

So hatten Unternehmen die Nase vorn, die bereits digital vernetzt waren und über eine gute Kommunikations- und 12Verständniskultur verfügten und bei denen es „menschelte“. Wer gute Kitas und moderne Schulen bis dahin als „nice to have“ belächelt hatte, verstand plötzlich, wie „systemrelevant“ sie sind. Paare, die sich Aufgaben in der Kinderbetreuung und im Haushalt schon partnerschaftlich teilten, hatten es deutlich leichter.

Ich habe damals viele Eltern in Coachings oder Online-Workshops durch die anstrengenden Wochen zwischen Home­Office und HomeSchooling begleitet und gesehen, was es braucht, damit die Arbeit daheim produktiv und das Familienleben lebendig bleibt.

Um diese Erfolgsfaktoren geht es in den nächsten Kapiteln: um die richtige innere Einstellung und um Achtsamkeit, um das Nein-Sagen und die Kindererziehung, partnerschaftliche Vereinbarkeit und Nothelfer*innen, hilfreiche Organisation und Arbeitsweise und die Zusammenarbeit im Team.

Wenn Sie neu ins Abenteuer HomeOffice starten, dann können Sie das gut mit einer neuen Arbeitsstelle vergleichen. Sie müssen sich erst an die Abläufe gewöhnen. Die Zusammenarbeit im Team (Familie und Kolleg*innen) muss sich einspielen. Sie werden Fehler machen und daraus lernen. Sie werden manchmal bereuen, sich für die Arbeit daheim entschieden zu haben, – aber noch öfter happy darüber sein. Sie werden sich davon lösen, wie es „richtig“ wäre, und Ihre eigene Art finden.

All das braucht Zeit und Vorbereitung.

13Bevor Sie starten: Das sollten Sie jetzt klären


Vielleicht tragen Sie sich vage mit dem Gedanken, ob Sie einen Teil Ihrer Arbeit zu Hause erledigen könnten – sind sich aber nicht sicher, wie das mit der Familie funktioniert.

Vielleicht wollen Sie sich einen Traum vom eigenen Business erfüllen und gleichzeitig Zeit für die Kinder haben – sind aber immer wieder frustriert, weil Sie einfach nicht in Ruhe arbeiten können.

Vielleicht hat Ihr Arbeitgeber die Präsenzpflicht aufgehoben, und die Kolleg*innen nutzen schon das mobile Arbeiten – Sie wissen aber einfach nicht, ob Sie überhaupt der Typ dafür sind.

All das sind Aspekte, in denen Sie Klarheit brauchen, bevor Sie teilweise oder ganz ins HomeOffice umziehen. Nur wenn Sie selbst klar sind, was Sie wollen und warum, können Sie mit Familie, Arbeitgeber und Team den Rahmen stecken, in dem das neue Arbeitsmodell auch funktioniert. Und je besser Sie sich und Ihr Umfeld darauf vorbereiten, umso stressärmer werden Sie die ersten Monate erleben.

Eigene Ziele: Das „Warum“ klären

Je klarer Ihre Antwort auf die Frage „Warum möchte ich zu Hause arbeiten?“, umso leichter wird es, die richtigen Argumente für das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu formulieren. Je stärker Sie Ihre Motivation herausarbeiten, umso einfacher wird es Ihnen fallen, Hindernissen und Herausforderungen zu begegnen. Je bewusster Ihnen Ihre Bedürfnisse sind, umso klarer werden Sie sich für eine konzentrierte Arbeit abgrenzen können.

14Finden Sie daher Antworten auf folgende Fragen:

Was ist mir in Bezug auf meine Arbeit wichtig? Entschlüsseln Sie Ihre Bedürfnisse (das, dessen Sie bedürfen, um einen wirklich guten Job zu machen). Was davon kann HomeOffice ermöglichen?

Welchen Mehrwert bietet mir die Arbeit daheim (z. B.: Arbeitsweg entfällt, bessere Work-Family-Balance, mehr Konzentration)? Und was verliere ich möglicherweise (Austausch mit Kolleg*innen in der Mittagspause, kurze Informationswege, Karriere-Chancen)? Machen Sie eine Plus-Minus-Liste, dann haben Sie gute Pro-Argumente und wissen, wo Sie auf der Minus-Seite alternative Lösungen brauchen.

Welche meiner Stärken und Potenziale können sich im HomeOffice entfalten? Überlegen Sie, wer im besten Fall wie profitieren würde (Sie selbst, Ihre Kinder, Partnerschaft, Ihre Arbeit).

Wie würde mein idealer Arbeitstag aussehen? Entfalten Sie frei für sich eine Vision dieses Ideals – und schauen Sie dann, was davon tatsächlich umsetzbar ist.

Wofür möchte ich im Familienleben unbedingt Zeit haben? Wie sollen mich meine Kinder wahrnehmen, wenn sie mich zu Hause arbeiten sehen? Schauen Sie gedanklich aus der ferneren in die nähere Zukunft: Was soll meine Familie in zehn Jahren rückblickend über meine Arbeit sagen können?

Zusammengefasst: Wann wäre das Modell HomeOffice mit Familie in meinen Augen tatsächlich erfolgreich, erfüllend und ein wirklicher Gewinn?

15Tipp

Bitte schreiben Sie Ihre Antworten auf. Sie werden Sie noch einmal brauchen, wenn sich die ersten Hindernisse in den Weg stellen und Sie an Ihrer Entscheidung zweifeln.

 

Nachdem Sie für sich das „Warum“ klar haben, ist die Frage: Wie oft möchte ich denn im HomeOffice arbeiten? Das ist – neben Vorgaben des Arbeitgebers – sicher eine Typ-Frage.

Bin ich überhaupt der Typ fürs HomeOffice?

Der eine ist überzeugter Zuhause-Arbeiter, die andere freut sich jeden Tag auf den Weg ins Büro. Das richtige Modell für sich zu...

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