Bewältigung einer gynäkologischen Krebserkrankung in der Partnerschaft (Reihe: Therapeutische Praxis)

Bewältigung einer gynäkologischen Krebserkrankung in der Partnerschaft (Reihe: Therapeutische Praxis)

von: Nina Heinrichs, Tanja Zimmermann

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2008

ISBN: 9783840921018

Sprache: Deutsch

135 Seiten, Download: 3287 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Bewältigung einer gynäkologischen Krebserkrankung in der Partnerschaft (Reihe: Therapeutische Praxis)



Kapitel 2 Psychische Belastung bei Krebserkrankungen (S. 31-32)

Krebserkrankungen zählen heute zu den chronischen Erkrankungen. Schätzungsweise 35 bis 40 % aller chronisch kranken, stationären Patienten leiden zusätzlich zur somatischen Erkrankung an psychischen Störungen. Dabei zählen affektive und Angststörungen sowie Suchterkrankungen und somatoforme Störungen zu den häufigsten begleitenden psychischen Erkrankungen bei chronisch Kranken (Bengel et al., 2003). Bei Patienten mit Krebserkrankungen liegt die psychische Komorbidität bei knapp 24 % (4 Wochen Prävalenz) bzw. 40 % (12-Monats-Prävalenz) und ist damit etwa ¼ bis 1 /3 höher als in der Allgemeinbevölkerung (Härter et al., 2001).

Die Entwicklung einer psychischen Störung im Rahmen von Krebserkrankungen ist daher nicht als die Regel zu betrachten, sondern eher als vergleichbar zu dem Auftreten psychischer Störungen nach dem Erleben anderer Stressoren. Die Krebserkrankung kann als Auslöser fungieren, der bei gegebener Disposition und entsprechenden Erfahrungen nun zum Ausbruch einer psychischen Störung führen kann. Das Erleben einer psychischen Belastung ist hingegen die Regel bei Krebserkrankungen. Normalerweise geht der Diagnose einer somatischen Erkrankung ein subjektives Missempfinden voraus, das die Betroffenen motiviert, einen Experten aufzusuchen (Perrez & Michel, 2005).

Bei Brust- oder Genitalkrebserkrankungen muss das nicht immer der Fall sein. Es kommt nicht selten vor, dass Knoten in der Brust bei Vorsorgeuntersuchungen zufällig entdeckt werden und die Patientinnen im Vorfeld keine körperlichen Beschwerden verspürt haben. Auch bei Eierstock- und Gebärmutterkrebserkrankungen kann der Tumor lange Zeit unbemerkt bleiben und keine Beschwerden verursachen. Für viele Patientinnen kommt die Diagnose daher sehr plötzlich, wie aus heiterem Himmel. Es ist nun gerade der Umgang mit der Diagnose, der einen ersten wichtigen Schritt im Adaptationsprozess darstellt – die erste wichtige „Bewältigungsaufgabe" (Perrez & Michel, 2005). Wie reagieren Frauen also im Allgemeinen auf die Diagnose einer Brust- oder Genitalkrebserkrankung?

2.1 Psychische Belastung bei der Patientin

Neben somatischen und vegetativen Symptomen wie Schmerzen, Funktionseinschränkungen, Übelkeit, Schlaflosigkeit und Fatigue, geht die Erkrankung häufig auch mit emotionalen Problemen wie Angst, Depression, Aggressivität, Hilf- und Hoffnungslosigkeit sowie Selbstwert- und Identitätsproblemen einher (Amir & Ramati, 2002, Derogatis et al., 1983, Edgar, Rosberger & Nowlis, 1992, Ell, Nishimoto, Morvay, Mantell & Hamovitch, 1989, Green et al., 1998, Irvine, Brown, Crooks, Roberts & Browne, 1991). Eine Krebserkrankung, bei der sexuelle Organe betroffen sind, kann zudem zu Problemen mit dem eigenen Körperbild und der sexuellen Identität führen (Andersen & Golden-Kreutz, 2000, Andersen, 1993, Neises, 2002, Weijmar Schultz & Van De Wiel, 2003).

Die Frauen fühlen sich häufig während und nach der medizinischen Behandlung weniger attraktiv, weniger weiblich und haben Schwierigkeiten, ihr z. B. durch eine Mastektomie verändertes Körperbild zu akzeptieren (Andersen et al., 1997, Schain, d’Angelo, Dunn, Lichter & Pierce, 1994). Die Akzeptanz der Narbe oder auch der Umgang mit den Nebenwirkungen der medizinischen Behandlung (s. Kapitel 1) können zu sexuellen Dysfunktionen führen (Andersen, 1993, Andersen, Woods & Copeland, 1997). Auch Sorgen um die Zukunft in Bezug auf ein Rezidiv oder aber langfristige Beeinträchtigungen durch die medizinische Behandlung können auftreten (Moyer & Salovey, 1996, Spencer et al., 1999).

Die primäre inititale Reaktion ist jedoch meist ängstlicher Natur, die im weiteren Verlauf bei erfolgreicher medizinischer Behandlung des Tumors nachlässt. Nicht selten treten die Komplikationen erst nach der Akutbehandlung auf, wenn die Frau eigentlich zur Ruhe kommen könnte. Meist sind die psychischen Beschwerden nun depressiver Natur oder die Ängste beziehen sich auf ein potenzielles Fortschreiten oder Wiederauftauchen der Erkrankung (Progredienzangst, Rezidivangst).

Kategorien

Service

Info/Kontakt